5.2 RENi2X mit RE = Yb, Y, Lu, Sc und X = Sn, In

Die Ausbildung eines Quartetts als Grundzustand der Kristallfeld-Aufspaltung ist nur in Systemen mit kubischer Kristallstruktur möglich, wie theoretische Berechnungen zeigen [Lea62]. Ein Beispiel für ein Kristallfeld-Quartett im Grundzustand stellt ErPd2Sn dar [Li89], das in der sogenannten Heusler-Struktur MnCu2Al kristallisiert. Bisher ist in keinem Ytterbium-System ein quadrupolarer Phasenübergang beobachtet worden. Dennoch ist davon auszugehen, daß sich YbPd2Sn in der unmittelbaren Nähe eines solchen Grundzustands befindet [Kierstead85]. Somit könnte mit dem ebenfalls kubischen YbNi2Sn [Skolozdra83] ein aussichtsreicher Kandidat für ein Kristallfeld-Quartett vorliegen.

Die übrigen hier untersuchten Systeme waren aus einem anderen Grund interessant, weshalb auch Verbindungen mit anderen Seltenen Erden als Ytterbium hergestellt wurden: UNi2Sn zeigt bei etwa 210 K einen strukturellen Phasenübergang von kubisch nach orthorhombisch mit einer breiten Hysterese, der u.a. mit einem Sprung im spezifischen Widerstand einhergeht [Endstra90]. Es sollte untersucht werden, ob auch in entsprechenden Verbindungen mit anderen f-Elementen eine derartige Strukturumwandlung beobachtet werden kann.



YbNi2Sn

YbNi2Sn kristallisiert in der kubischen BiF3-Struktur [Bradley32] (Abbildung 5.4). Die Gitterkonstanten betragen a = b = c = 6,335 Å. Die hergestellten Proben enthalten einen geringen Anteil der Fremdphasen YbNiSn, wahrscheinlich YbNi4Sn und der Hochtemperaturphase von Ni3Sn sowie mindestens einer weiteren Fremdphase, deren Zusammensetzung jedoch nicht bestimmt werden konnte. Das Vorhandensein dieser Fremdphasen ergibt sich aus Simulationen der Röntgendiffraktogramme der entsprechenden Verbindungen und deren Vergleich mit dem gemessenen und dem simulierten Diffraktogramm der Probe (siehe Abbildung 4.1 und Kapitel 4.1.4).

Eine Temperung für 120 Stunden bei 800 °C zerstörte die Probe zum größten Teil. Um eine Probe mit kleinerem Fremdphasenanteil zu erhalten, wurde eine Probe mit geringem Nickelunterschuß hergestellt. Diese Probe zeigt jedoch einen vergleichbaren Fremdphasenanteil und sogar einen sehr viel größeren Anteil an Ni3Sn.

Der spezifische Widerstand von YbNi2Sn (Abbildung 5.6) fällt nahezu linear zu tiefen Temperaturen ab mit einer Steigungsänderung bei etwa 120 K. Ab etwa 30 K wird der Widerstandsverlauf flacher, bis es bei 5,5 K zu einem Knick mit anschließendem steilen Abfall kommt. In einer zweiten, getemperten Probe ist das Restwiderstandsverhältnis etwa um den Faktor zwei besser, vermutlich aufgrund des höheren Fremdphasenanteils ist das Abknicken des Widerstands aber verschmiert und zu höheren Temperaturen verschoben (etwa 7 - 8 K).

Die Suszeptibilität folgt bis hinab zu etwa 30 K einem Curie-Weiss-Gesetz (Abbildung 5.5). Aus der Steigung der inversen Suszeptibilität läßt sich das effektive magnetische Moment µeff zu 4,47 µB angeben. Der weitere Verlauf zu tieferen Temperaturen gestaltet sich relativ kompliziert. Zunächst gibt es bei 30 K einen Aufwärtsknick. Bei 5,9 K folgt ein weiterer Knick mit einer leicht s-förmigen Struktur. Zwischen 2,7 und 2,6 K knickt die Suszeptibilität nach unten ab, ein mögliches Anzeichen für antiferromagnetische Ordnung. Es folgt ein flaches Minimum bei 2,3 K und danach ein erneutes leichtes Ansteigen der Suszeptibilität bis zum Ende des Meßbereichs. Die Anomalien werden in einem Feld von 0,1 T weitestgehend unterdrückt.

Die spezifische Wärme von YbNi2Sn (Abbildung 5.6) verläuft bis zu sehr tiefen Temperaturen unspektakulär. Bei 5,5 K ist eine kleine s-förmige Anomalie zu erkennen, und bei 0,4 K gibt es einen enorm steilen und hohen Anstieg. Leider liegt das Ende dieses Anstiegs noch außerhalb des Meßbereiches, über den weiteren Verlauf läßt sich daher nur spekulieren. Aus diesem Grund ist auch die Bestimmung der Entropie unmöglich, so daß eine klare Aussage über einen denkbaren Quartett-Grundzustand derzeit noch nicht getroffen werden kann.


YbNi2In

Analog zu YbNi2Sn wurde der Versuch unternommen, die gleiche Struktur in einer Probe zu erhalten, in der Zinn durch Indium ersetzt ist. Eine bereits im Tantaltiegel für 120 Stunden bei 600 °C getemperte Probe enthält jedoch als Hauptphase YbNi4In, weshalb diese Probe nicht weiter untersucht wurde.

YNi2Sn

Der Versuch, eine weitere isostrukturelle Verbindung nach dem RENi2Sn-Muster herzustellen, scheiterete im Fall von YNi2Sn. Die Röntgenaufnahmen der ungetemperten Probe und zweier getemperter Stücke zeigen nicht das Bild einer kubischen Struktur. Somit kann die Existenz von YNi2Sn zumindest in der BiF3-Struktur ausgeschlossen werden. Es wurden daher keine weiteren Messungen an der Probe durchgeführt.

LuNi2Sn

LuNi2Sn kristallisiert wie YbNi2Sn in der kubischen BiF3-Struktur (Abbildung 5.4). Die Gitterkonstanten sind hier a = b = c = 6,344 Å. Die ungetemperte Probe enthielt zunächst noch einen größeren Fremdphasenanteil, ähnlich wie bei YbNi2Sn einen LuNi4Sn-Anteil und wenigstens einen weiteren, der nicht bestimmt wurde. Durch zweimalige Temperung bei 800 °C für insgesamt vier Wochen konnten die Fremdphasen erheblich reduziert werden.

Der spezifische Widerstand (Abbildung 5.7) fällt nahezu linear und leicht nach unten gekrümmt bis zu tiefen Temperaturen. Unterhalb 30 K flacht der Verlauf ab. Die Existenz eines Knicks bei 4,5 K kann vermutet werden, für eine sichere Aussage reichte der Meßbereich jedoch nicht aus. Ein Sprung in der Meßkurve als Hinweis auf einen strukturellen Phasenübergang konnte nicht beobachtet werden.


ScNi2Sn

ScNi2Sn kristallisiert wie YbNi2Sn und LuNi2Sn in der kubischen BiF3-Struktur (Abbildung 5.4) mit a = b = c = 6,221 Å als Gitterkonstanten. Auch hier konnten anfangs vorhandene Fremdphasenanteile (wieder ScNi4Sn und weitere unbekannte) durch zweimalige Temperung deutlich vermindert werden.

Der Verlauf des spezifischen Widerstands (Abbildung 5.7) ist wie bei LuNi2Sn nahezu linear abfallend, jedoch mit einem um die Hälfte besseren Restwiderstandsverhältnis. Über die Existenz eines Abknickens genau am Ende des Meßbereichs (4,2 K) kann nur spekuliert werden. Auch hier konnte ein struktureller Übergang nicht beobachtet werden.


Kapitel 5.1